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Von großen Häusern und dem Zeitenwandel...







Früher und auch heute noch gibt es unsinnig große Häuser, so groß, dass die Menschen, die in ihnen wohnen, es nicht mal schaffen, jeden Tag in jeden Raum zu gehen. Diese Räume stehen ungenutzt einfach leer und träumen vor sich hin, von Lebendigkeit und Liebe von Gebrauchtwerden und Freude. Aber was ist da? Einfach nur Leere. Diese Häuser sind so groß, dass die Besitzer sie niemals ohne Hilfe putzen könnten. Sie sind so groß, dass sie sich selbst darin verlieren. Wozu, um Himmels Willen, braucht man so große Häuser oder so viele Autos, oder Flugzeuge oder was auch immer.

Die Verschwendung kennt kein Ende bei den oberen 1000, aber auch wir streben immer wieder danach, mehr zu besitzen, mehr unser Eigen zu nennen, uns mehr Wünsche zu erfüllen. Von der „unteren“ Ebene bis zur „höchsten“ Ebene (rein in Bezug auf finanziellen/ materiellen Reichtum bezogen), fühlen wir uns nur dann wohl, wenn wir denken, dass wir in nichts zurückstehen müssen. Wir wollen so gut und erfolgreich sein, wie der Nachbar, wir wollen, dass es unseren Kindern einmal besser geht als uns. Also strampeln wir uns in einem 9 to 5 Job ab um genau das zu erreichen und während wir das tun, werden unsere Kinder groß, aber nicht bei uns sondern in den Verwahranstalten, die wir Kita und Schule nennen. Uns wisst ihr was? Wir werden es niemals erreichen. Weil immer, wenn wir eine Stufe „höher“ geklettert sind, durch die „bessere“ Aussicht wieder neue, schier unerreichbare Ziele erscheinen, wir wechseln unser soziales Umfeld, vergleichen uns mit einer anderen Bezugsgruppe und da ist er wieder, der Neid, der uns zerfrisst, die Angst, nicht gut genug zu sein, die Sorge nicht genug vorgesorgt (man beachte, dass Sorge in vorsorgen steckt) zu haben, die Bedenken, nicht genug zu haben.

Und ich weiß, dass sich jetzt nicht jeder angesprochen fühlt und das ist auch gut so. Denn einige Menschen realisieren bereits, dass es vergebene Liebesmüh ist, solchen materiellen Dingen hinterherzujagen. Wenn ich zum Beispiel heute an Dinge denke, die ich vor 20 Jahren unbedingt haben wollte, ist das heute bereits ganz anders. Entweder ich habe sie damals bekommen und sie sind längst nicht mehr interessant und vielleicht gar nicht mehr in meinem Leben, höchstwahrscheinlich sogar. Oder: ich habe sie nicht bekommen und ich will sie auch nicht mehr. Natürlich träumt jeder ab und zu von materiellen Dingen, vielleicht von einem schönen Haus, von Geld im Überfluss, von einem schönen Auto, klar. Nur ist es für mich heute so, dass es keine Gamechanger mehr sind. Ich nehme sie wahr und wenn sie mir sehr wichtig sind, versuche ich sie in mein Leben zu ziehen. Ich habe aber oft gemerkt, dass die Stelle, an der ich war oder bin eigentlich nie eine ganz verkehrte war und dass ich eigentlich ganz tief drin unterscheiden konnte, was ich wirklich brauche, um mich zu entwickeln und was nur schmückendes Beiwerk wäre. Materielle Dinge, als Mittel zum Zweck (zum Beispiel würde ich gern meine Lieder mal aufnehmen, das kostet Geld), finde ich okay, aber als Selbstzweck- unwichtig (für mich).

Zurück zu den großen Häusern. Die Menschen, die so viel materiellen Reichtum haben, sind ja auch nicht schlechter oder besser als wir. Aber vielleicht sind sie, wie die Räume in ihren großen Häusern, manchmal ganz schön verloren und innerlich leer. Vielleicht wissen sie tief in sich, dass sie eigentlich ein anderes Leben wollen. Trotzdem ist dies der Endzustand, den dieser Konsumwahn, dem Viele von uns erliegen, anpeilt. Aber was kommt dann? Wenn wir in dem großen Haus am Meer sitzen, natürlich nachdem wir das Meer ausgiebig genossen haben? Wenn uns diese Vorstellung wirklich komplett erfüllt, dann sollten wir tatsächlich danach streben. Aber das tut sie eigentlich nicht. Weil wir Menschen eben soziale Wesen sind, die nicht durch materiellen Reichtum zufrieden zu stellen sind. Jedoch soll uns das eingeredet werden. In jedem Werbespot, in dem die augenscheinlich „perfekte Familie“ gezeigt wird, in dem uns gezeigt wird, wie wir leben sollen, damit wir glücklich sind, in dem uns das Framing für unser Leben auf dem Tablett serviert wird.

Natürlich wird uns zeitgleich nicht mitgeteilt, was diese Art des Lebens mit unserem Heimatplaneten anrichtet, was es mit unserer psychischen und physichen Gesundheit anrichtet, was es mit unseren Kindern macht. Es ist unglaublich, wie leicht wir (und da nehme ich mich nicht aus, wie in allem anderen nicht- denn es ist immer ein Prozess und auch heute erwische ich mich noch in meinen alten Denkmustern) zu verführen sind. Mit was für Schrott man uns kommen will und mit welch wirklich schlechten Slogans man uns diesen Schrott andrehen will. Die meisten Leute haben kaum Zeit aus dem sich immer drehenden Hamsterrad herauszuwagen und solche Dinge zu hinterfragen. Meist sitzen sie erschöpft auf der Couch und diese Werbespots wandern direkt ins Unterbewusstsein, es wird Zeit, dass die Menschen merken, dass da Programmierung stattfindet, auch mit Urängsten gearbeitet wird etc. Ich kenne heute noch die Jingles aus der Kindheit, es ist unfassbar. Werbung schaue ich Youtube und Netflix sei Dank schon Jahre lang nicht mehr und es hat sich ausgezahlt.

Aber eben auch in Filmen und in allen anderen Abbildungen unserer Realität werden uns diese Stereotypen des „perfekten Seins“ untergejubelt. Wir müssen nur hinsehen. Nichts- aber auch gar nichts- muss so sein, wie es sich heute in unserer Welt zeigt. Kinder müssen nicht mit 1 oder auch früher in die Krippe, Frauen müssen sich nicht die Axelhaare rasieren, Männer müssen nicht gern Fußball schauen oder grillen, Häuser müssen nicht nur für eine Familie sein, Autos brauchen keine 5 Türen, und sie müssen schon gar nicht so groß sein, dass sie durch unsere kleinen mitteleuropäischen Gässchen kaum noch passen, Handys müssen nicht neu sein, Rasen darf auch mal länger als 3 Wochen nicht gemäht werden, man kann auch eine Sense benutzen, Kinder müssen nicht in eine Schule gehen, um zu lernen (hach, da sind sie wieder meine Herzensthemen), Kinder müssen nicht alleine in einem Zimmer schlafen und auch trotz Corona nicht innerhalb der Wohnung den Tag isoliert in ihrem Zimmer verbringen (sagt mal, habt ihr eigentlich den Schuss nicht gehört, ihr Gesundheitsämter???), Eltern müssen kein Haus kaufen, Familien könnten auch im Wohnmobil leben, oder mal so mal so, Augenbrauen müssen nicht gezupft sein, Haare müssen micht geschnitten werden, oder mit Schampoo gewaschen (können aber), Obst und Gemüse sind nicht eklig, wenn sie nicht in tausend Schichten Plastik verpackt sind, man kann sie auch einfach waschen zu Hause, die Arbeitshefte in der Schule müssen nicht komplett ausgefüllt sein, die Arbeitsblätter auch nicht, der Wochenplan muss auch nicht beendet werden, denn Verstehen und Lernen passiert im Gehirn und kann leider nicht auf Arbeitsblättern abgespeichert werden, Kinder müssen nicht anstrengend sein (können aber), Urlaub muss nicht nur 2 Wochen im Jahr sein, Menschen brauchen keinen Krieg, Menschen brauchen kein Fleisch, Menschen brauchen keine Gewalt, Menschen müssen nicht lernen, sich durchzusetzen, lieber, sich zusammenzusetzen, Menschen müssen nicht lernen hart zu sein, sondern eher ihren weichen Kern finden und annehmen, Menschen brauchen keine Sportabzeichen, Menschen müssen nicht schon von Kindesbein an mit dem Wettbewerbsgedanken aufwachsen, Menschen müssen sich nicht jeden Tag kämmen (dürfen aber), müssen nicht jeden Tag Süßkram essen, müssen nicht jeden Tag zuerst verplant bekommen und später selbst verplanen, Kinder müssen nicht aufessen, Kinder müssen nicht immer hören (denn das tun wir auch nicht), Kinder müssen nicht immer die Hand geben, Kinder müssen nicht immer lachen, Erwachsene müssen nicht immer Ja und Amen sagen, Erwachsene können von Kindern lernen, Kinder müssen nicht immer ihr Zimmer aufräumen, Kinder müssen nicht mit einem Jahr im Auto nach vorn gerichtet fahren, Kinder müssen nicht mit einem Jahr laufen und Mama sagen, Kinder müssen nicht uns gefallen, sondern sich selbst und das, was wir von unseren Kindern verlangen sagt übrigens sehr viel über uns selbst und unseren Selbstwert aus, zu uns zu stehen und ich könnte ewig und ich meine wirklich ewig so weiter schreiben.

Wir wollen alle nur ankommen bei uns, dazugehören, wir wollen alle nur unseren Teil zum Gelingen des großen Ganzen beitragen. Dazu dürfen wir erst mal lernen, wer wir wirklich sind, denn nur dann können wir das auch tun, wir dürfen lernen, uns selbst mit unseren vermeintlichen Schwächen anzunehmen, Dinge, die uns unangenehm sind und die wir immer wieder von uns wegschieben, einfach anzuschauen, zu fühlen und dann loszulassen, wir dürfen unser inneres Kind heilen und damit auch unsere Beziehung zu unseren Kindern, wir dürfen auch mal schwach sein und die Schwäche in anderen lieben lernen, wir dürfen unseren Fokus dahin lenken, wie wir Anderen eine Freude machen können und weg davon, wie wir besser sein können als sie. Wenn wir all das noch nie versucht haben, ist es völlig sinnlos zu versuchen, unsere innere Leere mit Konsumgütern zu füllen.

Ich habe nichts gegen große Häuser und den ein oder anderen materiellen Luxus, versteht es nicht falsch, aber wenn ein leerer Mensch in einem leeren Haus sitzt, ist das einfach traurig. Und wenn uns das als unser Lebensziel verkauft wird und wir das noch glauben, ist das noch trauriger. Lasst uns alte Verhaltens- und Denkmuster aufbrechen, lasst uns uns anderen zumuten wie wir sind, damit wir verstehen, dass sie uns genauso nehmen werden, wie wir jetzt schon sind, ohne Haus, ohne Auto, aber auch ohne Yogakurs, veganen Ernährungsplan und Erleuchtung. Wir sind schon alles, was wir im Moment sein können und sind es wert, dass andere uns mögen. Denn wenn wir es jetzt nicht schon sind, wie können wir es jemals werden? Da kann dann immer noch einer aus irgendeiner Ecke kommen und irgendetwas von uns verlangen, damit wir endlich perfekt sind und vor allem wir selbst von uns. Meistens sind wir unsere schärfsten Kritiker und die, die uns am meisten einschränken. Minderwertigkeitsgefühle und übermäßige Kritik im Außen spiegeln das nur.

Das Schöne ist, dass wir Menschen eigentlich gar nicht so viel brauchen, um uns wohl zu fühlen. Für mich würde zum Beispiel ein Dach über dem Kopf (gern auch beheizbar im Winter), Biolebensmittel (schade, dass das noch nicht einfach alle sind), Natur in der Nähe (am besten ganz nah), alles, was mir Spaß macht und was ich für meine Entwicklung so brauche (und das ist nicht so viel), vollkommen reichen (natürlich gibt es noch die ein oder andere kleine Notwendigkeit, aber das wird sonst hier zu lang). Wir stehen an einer Schwelle und wir dürfen sicher bald viele Dinge austauschen, wenn wir auch einiges noch ein Weilchen brauchen werden. Wir ersetzen einfach Versicherungen durch Vertrauen, Angst vor Viren durch wirkliche Gesundheit, für die wir auch etwas tun dürfen, Betonwüsten durch Natur, Wettbewerb durch Gemeinschaft. Dann können wir einfach zusammen in die großen Häuser ziehen und werden uns fragen, wie es die Menschen früher wohl so lange einsam und allein darin ausgehalten haben 😉 Dann bauen wir uns ein Denkmal durch unsere Liebe und nicht mit Backsteinen!


Mit Viel Zuversicht und Liebe, eure Julia

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